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Gespeichert und vergessen. Bedroht Digitalisierung die europäische Bildungs- und Erinnerungskultur?
Gespeichert und vergessen. Bedroht Digitalisierung die europäische Bildungs- und Erinnerungskultur?
Prof. Dr. theol. habil. Thomas Schlag; Universität Zürich
Die Möglichkeiten digitaler Speicherung sind inzwischen fast unbegrenzt. In Clouds und auf Datenträgern werden Biografien, wesentliche Erinnerungsstücke und Geheimnisse abgelegt. Wesentliches wird verborgen und bleibt doch virtuell zugänglich und jederzeit greifbar.
Führen diese Möglichkeiten digitaler Archivierung dazu, dass zwar alles aufbewahrt werden kann, sich die persönliche Bildung und Erinnerung aber ins Wolkige verflüchtigt und gegenstandslos wird? Braucht Erinnerung das Greifbare, Sichtbare und Lokale, die wirkliche Anschauung dessen, was man in Tagebüchern und Briefen, in Fotoalben oder im eigenen Bücherregal real vor Augen hat? Kann die digitale Form das ersetzen, was uns »die Alten« von Angesicht zu Angesicht erzählen? Ersetzen digitale Speichermedien am Ende das für Europa wesentliche kollektive und kulturelle Gedächtnis, indem sie anschaulich-aktives Erinnern und Vergessen unnötig machen? Schließt »am Ende« die Cloud des Homo Deus die uralte Menschheitssuche nach Transzendenz, Gottesgegenwart und Unsterblichkeit ab?
Im Rahmen des Vortrags werden gegenwärtige Phänomene digitaler Speicherkultur vorgestellt. Zugleich wird in bildungstheoretischer Perspektive nach den Bedingungen für eine persönlich und existentiell bedeutsame Bildungs- und Erinnerungskultur im Kontext der gegenwärtigen europäischen Herausforderungen gefragt.
Referent:
Prof. Dr. Thomas Schlag ist evangelischer Theologe und Politikwissenschaftler. Er war Schüler an den evangelischen Seminaren Maulbronn und Blaubeuren und studierte in Tübingen und München. Nach einer Promotion im Bereich der theologischen Ethik wurde er im Jahr 2000 Studienleiter an der evangelischen Akademie Bad Boll. Nach seiner Habilitation »Horizonte demokratischer Bildung. Evangelische Religionspädagogik in politischer Perspektive« wurde er im Jahr 2005 auf den Lehrstuhl für Praktische Theologie mit den Schwerpunkten Religionspädagogik, Kirchentheorie und Pastoraltheologie an die Universität Zürich berufen. Eines seiner Forschungsgebiete ist der Themenbereich »Digitaler Religion(en)« und deren Kommunikations- und Interaktionsformen in der digitalen Gesellschaft.
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